Das Buch Mormon/Anachronismen/Grundlagen

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Anachronismen im Buch Mormon, was ist darunter zu verstehen?

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Frage: Was ist ein Anachronismus, und was sollte bei der Beurteilung des Buches Mormon (oder eines anderen Textes) für vermeintliche "Anachronismen" berücksichtigt werden?

Anachronismen sind Dinge oder Vorgänge die „aus der Zeit” herausfallen. Das heißt, sie werden in einen historischen Zusammenhang gestellt, der nicht stimmt

Wenn zum Beispiel in einem angeblichen Bericht über den Fall Jerusalems im Krieg gegen die Babylonier Sherman-Panzer erscheinen würden, dann wären die Panzer „anachronistisch.” Sie gehören da nicht hin.

During Joseph Smith's lifetime, most of the "archaeology" of the Book of Mormon did not match what was known about the early Americas. (Click to enlarge)
By 2005, a number of features of the Book of Mormon text were known in the ancient Americas. Yet, in 1842, many of these would have been seen as "errors" or "anachronisms". (Click to enlarge)

It is important to note that as knowledge expands, what was once an anachronism turns out to be a legitimate feature of the ancient world. John Clark[1] prepared the charts displayed to the right which demonstrate the trend, over time, to confirmation of the Book of Mormon account.

Wenn in einem übersetzten Text (so wie das Buch Mormon von sich erklärt zu sein) Anachronismen erscheinen, wird die Sache kompliziert, weil ein Übersetzer den Text eingeführt haben kann, der im Originaltext nicht vorhanden war

Anachronismen können in einen authentischen Text eingefügt werden, durch

  1. Gegenstände oder Fakten, die noch nicht entdeckt wurden
  2. die ursprünglichen Autoren, indem sie Ausdrücke in einer neuen Weise verwendeten, die nicht erwartet wurde.
  3. die Auswahlmöglichkeiten des heutigen Übersetzers

Alle drei müssen ausgeschlossen werden, ehe man einen Anachronismus als Beweis gegen das Buch Mormon oder irgend ein anderes übersetztes Dokument verwenden kann.

Zum Beispiel spricht die King James Version der Bibel von Kerzen. 15 Neither do men light a candle, and put it under a bushel,” said Jesus, "but on a candlestick; and it giveth light unto all that are in the house" (Matthew 5:15).

Das Problem ist, dass Kerzen in Palästina in den Tagen von Jesus nicht verwendet wurden. Licht kam von Öllampen, nicht von Kerzen. Wenn wir den griechischen Text untersuchen, sehen wir, dass es so ist. – Die Übersetzer der King James Version haben einen Ausdruck verwendet, derin ihre Zeit gepasst hat. Was Jesus sagen will, bleibt klar, obwohl er von einer Lampe und nicht von einer Kerze spricht.

Es wäre ein Fehler zu schlussfolgern, dass der Text gefälscht worden wäre, weil Kerzen ein Anachronismus ist – der Text selbst nennt keine Kerzen, die Übersetzer trafen diese Wahl, und sie waren es, die den Anachronismus eingeführt haben. Es wäre genauso dumm, in der Archäologie von Jerusalem des 1. Jahrhunderts n. Chr. nach Kerzen zu suchen. Es gab keine. Aber keine Kerzen in den Ausgrabungen zu finden, sagt nichts darüber aus, ob die Bibel ein echtes antikes Dokument ist oder ob Jesus tatsächlich darüber sprach, kein lichtspendendes Gerät zu verstecken.

Wir können feststellen, dass das nicht so ist, weil wir die griechischen Texte der Bibel im Original haben. Doch was müssen wir tun, wenn wir eine Übersetzung haben, doch nicht das Original? Wie können wir sicher sein, wann ein Anachronismus vom Übersetzer kommt und wann er vom Original kommt? Wir können es nicht, oder zumindest nicht ohne große Schwierigkeiten.

Ein Beispiel: "Gerste" im Buch Mormon

Dies mag klarer werden, wenn wir ein bestimmtes Beispiel betrachten. Das Buch Mormon berichtet davon, dass die Nephiten „Gerste” züchteten. (Mosia 7:22) Kritiker haben öfter mal behauptet, dass Gerste ein Anachronismus ist, weil sie in der Neuen Welt vor Kolumbus unbekannt war.

Konfrontiert mit Gerste im Buch-Mormon-Text gibt es verschiedene Erklärungen.

  1. Den Nephiten war echte Gerste bekannt. Archäologische Studien haben nur einfach noch keinen Beleg für Gerste in der Neuen Welt gefunden. Abwesenheit eines Beweises ist kein Beweis für Abwesenheit, wie das Sprichwort sagt.
  2. Die Nephiten gaben einem Getreide der Neuen Welt einen Namen der Alten Welt. Während der Text der Platten Nephis Gerste nennt, muss der Gegenstand, der mit dem Begriff Gerste bezeichnet wird, deshalb nicht der gleiche sein wie in der Alten Welt. Im gewissen Sinne übersetzen die Nephiten ihre neue kulturelle Umgebung in die Sprache der Alten Welt. (Das könnte religiös wichtig sein für Dinge, die vom Gesetz des Mose betroffen waren. Tiere mussten für rein oder unrein erklärt werden zum Gebrauch als Nahrung.)
  3. Joseph Smith übersetzte es mit Worten, die in seiner eigenen Kultur und Zeit geläufig waren. Während der nephitische Text ein ganz anderes Korn nennt, übersetzte Joseph den Ausdruck mit „Gerste”. Das ist in der Tat ein echter Anachronismus, aber eingeführt von Joseph und nicht aus dem nephitischen Originaltext. Dann ist es dumm, nach echter Gerste in der Neuen Welt zu suchen, weil die Nephiten niemals behaupteten, Gerste dort gefunden zu haben – Das ist etwas, von Joseph Smiths Übersetzung.
  4. Manchmal werden jareditische Ausdrücke von nephitischen Schreibern übersetzt. Dann kommt eine weitere Ebene der Übertragung hinzu – die Nephiten mussten einen jareditischen Ausdruck in einen nephitischen übersetzen, den Joseph Smith ins Englische übertragen musste. Bei jedem Schritt konnte ein Anachronismus hinzugefügt worden sein.

Im Fall von Gerste kann jede dieser Möglichkeiten wahr sein. Im Gegensatz zu den Behauptungen der Kritiker wurde domestizierte Gerste in der Neuen Welt gefunden. (Sie wurde 1980 entdeckt). Somit verbleibt #1 eine Möglichkeit. Aber #2 und #3 können auch wahr sein. (Jarediten erwähnen keine Gerste, deshalb paßt #4 nicht) Wir können einfach nicht sagen, welches Szenario korrekt ist, wenn alles was wir haben die Übersetzung und nicht der Originaltext ist.

Wir sind es gewohnt zu denken, dass #1 die einzige Option ist. — und darum trumpfen Kritiker auf, wenn z. B. Pferde nicht in Armerika vor Kolumbus gefunden wurden. Aber diese Kritik hat nur Gewicht, wenn #1 die einzige tragbare Option ist – doch einfach nicht wahr ist in dem übersetzten Dokument.

Außerdem muss nicht jeder angenommene Anachronismus die gleiche Erklärung haben

„Gerste” kann ein passender Bezug zu Gerste der Neuen Welt sein, wohngegen Weizen von Josephs Umwelt gewählte Annäherung wäre. Am Ende ändert das nichts an der spirituellen Botschaft oder dem historischen Bericht des Buch Mormons (auf die gleiche Weise, wie die Botschaft Jesu der Bergpredigt sich nicht wirklich ändert, ob er nun von Öllampen oder von Kerzen spricht.) Das Thema Anachronismus ist nur wichtig, weil Kritiker Anachronismen verwenden möchten, um zu beweisen, dass Joseph Smith sich das Buch Mormon ausgedacht hat. Aber das ist ganz schön viel verlangt bei einem übersetzten Dokument und sie hoffen, dass wir das nicht merken.

Vieles dieser Auseinandersetzung hängt davon ab, wie wir den Prozess Übersetzung des Buch Mormons sehen — und darüber wissen wir sehr wenig. Kritiker beharren darauf, dass Gott keine fehlerhafte Übersetzung machen würde — sondern gehen davon aus, dass Übersetzungen und Propheten unfehlbar sind, was sowohl das Buch Mormon als auch Joseph Smith ablehnen.

Joseph Smith war auch bereit, die Übersetzung zu überarbeiten, was vernuten lässt, dass er es nicht als einen eisern festgelegten Text betrachtete, in dessen Schaffung er keine Rolle gespielt hätte.

Darüber hinaus kann #2 durchaus noch zutreffen, wenn die Übersetzung fehlerhaft war. Das Wort Gerste muss nicht die Gerste der Alten Welt sein. Joseph könnte einen Anachronismus geschaffen haben im Fall #2, indem er eine „buchstäblichere” Übersetzung des Textes gab; er konnte einen Anachronismus schaffen im Sinne von #3, indem er eine passendere Übersetzug gab mit Ausdrücken, die seiner Leserschaft vertraut waren. Es gibt da keine perfekte Lösung – jede Auswahl kann zu Verwirrung führen und hat zu den Klagen der Kritiker geführt, dass da ein Anachronismus ist. Doch wenn irgend eine dieser Optionen wahr ist, sollte offensichtlich sein, dass wir einfach nicht genug Belege haben, um eine eindeutige Bestimmung zu machen.


Endnoten

  1. John Clark, Wade Ardern, Matthew Roper, "Debating the Foundations of Mormonism: The Book of Mormon and Archaeology," FAIR Conference, Sandy, Utah, 2005.